Cassius Dio: Römische Geschichte (5 Bände)
von Alexandra Walterskirchen
„Cassius Dio: Römische Geschichte (5 Bände)“
Lucius Claudius Cassius Dio Cocceianus wurde um 161 n.Chr. Im bithynischen Nicaea geboren und starb um 229/235 n.Chr. Er stammte aus einer angesehenen Familie, die in enger Verbindung mit dem Römischen Reich stand und es als Ehre ansah, diesem zu dienen. Cassius Dio schlug wie sein Vater, der u.a. Consul suffectus und konsularischer Legat von Dalmatien war, eine politische Karriere ein, reiste nach Rom und wurde Mitglied des Senats. Was er in den rund 50 Jahren als Senator in Rom und in verschiedenen anderen hohen Ämtern im Römischen Reich und dessen Provinz miterlebte, schrieb er in seinem Geschichtswerk nieder. Bewusst schildert er die Geschehnisse, die zu seinen Lebzeiten spielten, ausführlicher als frühere historische Ereignisse, bei denen er selbst nicht dabei war.
Sein in griechischer Sprache geschriebenes Werk „Römische Geschichte“, das aus über 80 Bänden bestand und von dem heute nur noch ein Bruchteil erhalten ist, schrieb er zum großen Teil in Capua, wo er die nötige Ruhe für diese Mammutarbeit fand. Sein Werk richtet sich an ein nicht-römisches Publikum, weswegen er lateinische Wörter, römische Ämter und Gebräuche, die normalerweise jedem gebildeten Römer vertraut waren, erklärt. Es wurde in der griechischen Welt zur wichtigsten Informationsquelle der römischen Geschichte und nahm an Bedeutung noch mehr zu, als das oströmische Reich seinen Aufstieg erlebte. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Fragmente und überlieferten Bücher primär in Konstantinopel und in spätantiken und byzantinischen Geschichtsquellen finden.
Mehr als 10 Jahre lang hatte Cassius Dio den Stoff von den historischen Anfängen Roms bis zu seiner jetzigen Zeit gesammelt; zwölf Jahre dauerte es, bis er mit dem 73. Buch bei der Ermordung des Commodus (192 n. Chr.), dem Sohn des gütigen und weisen Marc Aurel, angekommen war. In weiteren sieben Jahren hat er dann noch die römische Geschichte bis 229 n. Chr. beschrieben. Ursprünglich hatte er geplant, seine „Römische Geschichte“ in der glanzvollen Periode des Kaisers Septimius Severus münden zu lassen, in dem er eine Art neuen Augustus gesehen und der ihn sogar zu seinem Geschichtswerk – wie einst Livius unter Augustus – inspiriert hatte, doch dies war nicht mehr möglich, nachdem sich Septimius Severus als skrupelloser Charakter entpuppte, der vor keiner Mordtat zurückschreckte und vor dem man sich fürchten musste. Ernüchtert spricht Cassius Dio darüber, dass, gemäß den alten Mythen über das Goldene Zeitalter nun das Kaisertum zu einem eisernen und rostigen verkommen sei.
Trotz der schlimmen politischen und gesellschaftlichen Umstände – zahlreiche Kriege, Machtkämpfe, wechselnde Kaiser – gab Cassius Dio nicht auf, denn nicht nur Septimius Severus, sondern auch himmlische Mächte hatten ihn zu seinem Geschichtswerk berufen. So hatte ihm einst im Traum eine Gottheit geboten, die Geschichte aufzuschreiben, denn er sei von ihr zum Historiker berufen worden. Diese Lebensaufgabe versuchte Cassius Dio bis zu seinem Tod getreu zu erfüllen. Standhaft berichtete er u.a. über die Verschlagenheit, Feigheit, Härte und Grausamkeit des Caracalla, des Sohnes des Severus, der seinen Bruder und Mitregenten Geta sowie Tausende seiner Sympathisanten ermorden ließ. Mit Kaiser Severus Alexander, dem als 13-jährigen zusammen mit seiner Mutter 222 n. Chr. die Herrschaft übertragen worden war, änderten sich die Verhältnisse. Er war Cassius Dio sehr zugetan und ernannte ihn sogar zum Konsul, was eine besondere Ehre war. Die Ermordung von Kaiser Severus Alexandra und seiner Mutter um 235 n. Chr. zerstörte jedoch jede Hoffnung von Cassius Dio auf ein besseres Zeitalter. Damit endete das Zeitalter der Severer und das Zeitalter der Soldatenkaiser begann.
Die 50 jährige Kaisergeschichte, die Cassius Dio ausführlich in seinem Werk schildert, ist bedrückend und düster, denn die meisten Kaiser waren entsetzliche, ja entartete Charaktere, die wie Ungeheuer Menschen und Reich tyrannisierten und von ihrem Ego und den Todsünden gesteuert wurden. Sie waren skrupellos, schamlos und gewissenlos.
Cassius Dio’s Darstellungen der römischen Königszeit, Republik und der Zeit von Augustus bis Marc Aurel werfen ein anderes, positiveres Licht auf die römische Vergangenheit, auch wenn es keinesfalls idealisiert wird. Dennoch kann Cassius Dio hier mehr als neutraler Beobachter der Geschichte tätig werden, was ihm als direkter Zeuge der Geschehnisse seiner Zeit, mit der er emotional verbunden war, nicht so leicht möglich war.
Cassius Dio wägt in seiner Beschreibung der römischen Republik immer wieder die Demokratie und Alleinherrschaft gegeneinander ab und schlussfolgert: „Die Demokratie hat zwar einen schönklingenden Namen und erweckt den Eindruck, als bringe sie allen durch gleiche Gesetze auch gleiche Rechte; in ihrem Ergebnis aber zeigt sie, dass sie mit ihrem Namen nichts zu tun hat. Im Gegensatz dazu hat die Alleinherrschaft zwar einen bösen Klang; sie ist aber eine sehr geeignete Staatsform, um darunter zu leben. Denn es ist leichter, einen einzigen tüchtigen Mann zu finden, als viele.“ (Dio 44, 2) Eine Demokratie ist für ein großes Reich oder einen Staat ungeeignet, weil das wahlberechtigte Volk das Augenmaß verliert. Selbst ein schlechter Herrscher ändert nichts daran, denn: „Sogar wenn ein minderwertiger Mensch Herrscher werden sollte, ist er der Masse gleichgestellter Menschen vorzuziehen, wie dies die Geschichte der Griechen und Barbaren und selbst der Römer beweist.“ In der Demokratie führt der Wohlstand aller nur zu Hochmut und Hybris und der Ehrgeiz zu Eifersucht und Missgunst, kurzum, die Menschen verlieren ihre Besonnenheit und ihre Tugenden, und es entsteht Zwietracht und Egoismus.
Die Mörder Caesars behaupten zwar, sie hätten das Volk befreien wollen, aber in Wahrheit waren sie von Neid und Hass getrieben worden und haben durch ihre Tat noch schlimmere Unruhen, Chaos und Bürgerkriege verursacht. So ist es immer mit der republikanischen Freiheit, aus der nur Machtkämpfe, Parteienbildung, Zwietracht und Bürgerkriege entstehen, so Cassius Dio.
Besonders interessant ist das 52. Buch, das der Frage gewidmet ist, wie es politisch und verfassungsmäßig nach dem Sieg des Octavian und dem Ende des römischen Bürgerkrieges weitergehen soll. Cassius Dio lässt Octavian seine Entscheidung in einer fiktiven Beratung mit seinen wichtigsten Freunden und Unterstützern Agrippa und Maecenas treffen. Und ebenso lässt er Maecenas seine eigenen Gedanken über eine wünschenswerte Regierungsform, ausgehend von den Verhältnissen in seiner eigenen Zeit, sprechen und macht detaillierte Vorschläge. Diese berühmte „Verfassungsdebatte“ wägt Republik, Demokratie und Monarchie gegeneinander ab und ist auch in heutiger Zeit äußerst lesenswert, bietet sie doch konkrete Lösungsvorschläge und Reformen.
Cassius Dio, der den Wissenschaftlern lange Zeit nur als „Steinbruch“ für verlorene Quellenschriften und zur Rekonstruktion historischer Ereignisse diente, und ansonsten sträflich vernachlässigt wurde, wird in dieser fünfbändigen Ausgabe erstmals angemessen gewürdigt. Die deutsche Übersetzung von Dr. Otto Veh liest sich flüssig und gut verständlich.
Mein Fazit: Das Werk „Römische Geschichte“ von Cassius Dio ist eine wahre Perle und bietet neben Livius, Sallust, Tacitus, etc. eine andere, unbekanntere historische Sichtweise, besonders auf die Spätzeit der römischen Kaiserzeit. Sehr empfehlenswert.
De Gruyter Verlag
Herausgegeben von: Otto Veh
erschienen 2012
Format: Broschur
Sprache: Deutsch
Seiten: 2299
ISBN: 978-3-05-005755-2
69,80 Euro
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