Cicero: Politische Reden (Band 2) (Sammlung Tusculum)
von Alexandra Walterskirchen
„Cicero: Politische Reden (Band 2) (Sammlung Tusculum)“
Marcus Tullius Cicero (106-43 v. Chr.) ist der bekannteste Autor klassischer römischer Literatur, Politik und Philosophie. Der De Gruyter Verlag widmet in der Reihe Sammlung Tusculum den zahlreichen überlieferten politischen Reden Ciceros drei umfangreiche Bände. Diese enthalten alle Staatsreden, d.h. alle Ansprachen, die Cicero an den Senat sowie an das römische Volk gerichtet hat, sowie die herausragenden, politisch wichtigen Plädoyers in Strafprozessen. Die dreibändige Ausgabe der politischen Reden Ciceros ist zweisprachig in lateinisch/deutsch herausgegeben, so dass der lateinkundige Leser die Reden Ciceros im Original übersetzen und studieren kann. Hinweis: Die Verres-Reden sind aufgrund ihres großen Umfangs bewusst ausgelassen und in einem eigenständigen Buch veröffentlicht.
Der 2. Band umfasst folgende Reden:
- Rede für den Dichter A. Licinius Archias
Die kleine, vollständig erhaltene Verteidigungsrede aus dem Jahre 62 v. Chr. ist für den Dichter A. Licinius Archias in einem strafprozessartigen Verfahren bestimmt. Jener war angeklagt, sich das römische Bürgerrecht angemaßt zu haben. Cicero zeigt im ersten Teil seiner Rede auf, dass Archias – obwohl er ursprünglich aus dem hellenistischen Antiochia am Orontes in der Provinz Syria stammte -, zum einen römischer Bürger war (mehrfach hatten ihm nämlich römische Gemeinden aufgrund seines dichterischen Talentes das Bürgerrecht verliehen und in Rom stand er unter der Protektion der Lukuller), und zweitens, dass man ihm das Bürgerrecht zuerkennen müsste, wenn er es nicht schon besäße. Knapp und klar widerlegt Cicero die Argumente des Anklägers. Im zweiten Teil seiner Rede legt Cicero dar, was die Literatur ihm selbst und anderen Menschen Gutes schenken kann. Entspannung und Unterhaltung sowie Belehrung und sittliche Beispiele, die zum Nachahmen motivieren. Cicero kehrt zum Schluss wieder zu Archias, seiner Genialität und Begabung zurück und macht bewusst, dass es Archias aufgrund seiner Dichtung, die der Verbreitung des Ruhms des römischen Volkes diente, in hohem Maße verdiene, Römer zu sein und dass es unsinnig wäre, ihm das Bürgerrecht zu versagen. Er plädierte deshalb auf Freispruch. Seine Bemühungen waren offensichtlich erfolgreich, denn Archias lebte weiter in Rom und war ein erfolgreicher Dichter, auch wenn seine Gedichte keine Spuren in der Nachwelt hinterlassen haben.
- Danksagung an den Senat
- Danksagung an das Volk
Die Danksagungen an den Senat und das Volk aus dem Jahre 57 v. Chr. bilden ein Paar. Cicero spricht allen, die daran mitgewirkt haben, dass er aus der Verbannung zurückkehren konnte, seinen Dank aus und verkündet seinen Wiedereintritt in die Politik.
- Rede für P. Sestius
Die ausladende und schwungvolle Rede für Publius Sestius ist komplett erhalten und behandelt eine politische Strafsache vom März 56 v. Chr. Cicero nimmt die Rolle des Verteidigers wahr. Sestius war der Gewaltanwendung angeklagt worden, weil er während seines Tribunats mit bewaffneten Banden den öffentlichen Frieden gestört habe. In Wirklichkeit hatte Sestius aus Notwehr gehandelt, als Clodius, der mit allen Mitteln verhindern wollte, dass Cicero aus der Verbannung zurückgerufen wurde, 57 v. Chr. mit einer Knüppelbande Rom terrorisierte. Da sich weder die Konsuln noch Pompejus veranlasst sahen, etwas gegen die Tumulte zu unternehmen, stellten zwei Optimaten – Sestius und sein Kollege Milo – ebenfalls „Banden“ auf und versuchten den Terror des Clodius durch Gegenterror zu brechen. Sie gewannen dann schließlich auch die Oberhand und nach der Rückberufung Ciceros und der von Milo und Sestius eingerichteten „Polizei“ war eine Art Gleichgewicht der Kräfte hergestellt. Ciceros Rede für Sestius ist dynamisch, weit über dem Durchschnitt und von hohem Rang. Die anderen Redner vor ihm hatten die Beschuldigungen gegen Sestius schon Punkt für Punkt widerlegt, so dass sein Schwerpunkt mehr auf einer Gesamtschau lag, u.a. der Lebensleistung des Sestius, sein Tribunat und die allgemeinen politischen Verhältnisse. Die Rede für Publius Sestius zeigt nicht nur einen faszinierenden Einblick in die Spätzeit der Römischen Republik kurz vor der Machtergreifung Caesars, sondern macht bewusst, dass die staatlichen Probleme und die Frage (Was ist der Zweck eines Staates, welche Werte soll er enthalten?) sehr alt ist und bereits in der Antike die Menschen beschäftigte.
- Rede über das Gutachten der Opferschauer
Die Rede ist ein Appell, den Cicero 56 v. Chr. an den Senat richtete. Clodius hatte während Ciceros Verbannung sein Haus auf dem Palatin per Beschluss beschlagnahmen und abreißen lassen. Einen Teil des Grundstücks hatte er der römischen Freiheitsgöttin Libertas geweiht (als Symbol der Befreiung der Republik von Cicero – welch Ironie!) und ihr zu Ehren einen Tempel errichtet. Nach Ciceros Rückkehr wurde die Weihe annulliert und Cicero ließ ein neues Haus erbauen. Einige Monate hörte man im Gebäude ungewöhnliche Geräusche, die als Zeichen der Götter für ihr Missfallen der Entweihung des Tempels gedeutet wurden. Clodius bezog nach einem Gutachten der Opferschauer einen Passus über die Profanierung geweihter Stätten prompt auf Ciceros palatinisches Grundstück und das im Bau befindliche Haus. Cicero verteidigte sich vor dem Senat und beschuldigte umgekehrt Clodius des Gottesfrevels, der die Ursache allen Übels im Staat sei. Die Rede macht deutlich, wie schon in der Antike die Religion für politische Zwecke benutzt wurde, um den Gegner als Gottesfrevler zu diskreditieren und ihm zu schaden.
- Rede für M. Caelius
Die Rede für M. Caelius zählt zu den bekanntesten Prozessreden Ciceros. Marcus Cealius Rufus, ein römischer Ritter und (zu jener Zeit noch junger) Politiker, war 56 v. Chr. angeklagt worden. Ihm wurde „Gewaltanwendung“, d.h. heißt Störung des öffentlichen Friedens, vorgeworfen. Er solle sich u.a. an Gewaltakten gegen eine Gesandtschaft aus Alexandria beteiligt haben. Cicero übernahm zusammen mit Crassus die Verteidigung. Er sprach als meisterhafter Redner vor allem über die Hintergründe des Prozesses, das Vorleben des Angeklagten und brachte neue Details über Gift und die Rache seiner ehemaligen Geliebten Clodia ans Tageslicht. Im Laufe seiner Rede zerpflückte Cicero die Argumente der Anklage, deckte Widersprüche auf und legte am Ende triumphierend dar, dass die Gegenseite gar nichts in der Hand habe. So wurden die Geschworenen überzeugt und Caelius freigesprochen.
- Rede für die konsularischen Provinzen
Die Rede ist ein Antrag Ciceros von einer Senatsdebatte aus dem Jahre 56 v. Chr. und eine rhetorische Meisterleistung über die anstehende Provinzverteilung für die demnächst zu wählenden Konsuln. Sie gibt auch einen Einblick in das „Herrschergebaren“ der römischen Statthalter Piso und Gabinius in den Provinzen, die so schnell wie möglich abberufen werden sollten. Zum ersten Mal tritt Cicero öffentlich für Casear ein. Der Senat entschied am Ende zumindest, was Caesar betraf, im Sinne von Ciceros Antrag. Piso wurde erst ein Jahr später zurückgerufen.
- Rede für T. Annius Milo
Die Rede vom April 52. v. Chr. wurde für Titus Annius Milo gehalten, der angeklagt worden war, seinen und Ciceros Erzfeind P. Clodius Pulcher erschlagen zu haben. Zahlreiche Tumulte begleiteten die Verhandlung. Die Rede Ciceros ist eine rhetorische Raffinesse und spannend zu Lesen. Am Ende wird der Angeklagte fast zum Tyrannenmörder (die Tat selbst war von seinen Sklaven ausgeführt worden), weil er den römischen Staat und das Volk von der schweren Bedrückung, dem Unglück und der Tyrannei des Clodius Pulcher befreit hatte. Milo wäre den höchsten Ehren würdig, hätte er nicht aus Notwehr gehandelt. Cicero konnte schlussendlich nicht verhindern, dass Milo, der Mann, der ihn einst aus der Verbannung zurückgeholt hatte, verbannt wurde.
Jede Rede ist mit einer Einleitung sowie ausführlichen Erläuterungen versehen.
Der zweite Band der Politischen Reden Ciceros gibt einen sehr interessanten und spannenden Einblick in die Spätzeit der römischen Republik und macht dem Leser deutlich, dass zwischen damals und heute – sowohl was Politik, Gesellschaft, Tugenden und Todsünden – kein großer Unterschied bestand. Die menschlichen Handlungsweisen, Bedürfnisse, Intrigen, Begierden, Emotionen und Taten blieben über die Jahrtausende/Jahrhunderte erstaunlich gleich. Mein Fazit: Ein sehr empfehlenswertes Werk!
Hrsg. v. Manfred Fuhrmann
De Gruyter Verlag, Reihe Sammlung Tusculum
Gebunden, 724 Seiten
Sprache: Deutsch/Lateinisch
Erscheinungsdatum: 1993; 15. Mai 2014
ISBN 978-3110360929
49,95 Euro
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